Kulturelle Grenzen im Berufsalltag überwinden

Pflegfachkräfte mit anderer Muttersprache, anderen Wertvorstellungen und einem anderen Berufsverständnis. Wie kann's trotzdem im Team funktionieren?

Wer in einem Gesundheitsberuf arbeitet, steht nicht nur vor der Herausforderung, sich mit Patienten aus anderen Nationen zu verständigen. Angehörige dieser Berufe arbeiten auch mit Kollegen zusammen, die eine andere Muttersprache sprechen, andere Wertvorstellungen und ein anderes Berufsverständnis haben. Denn in den meisten Ländern Europas und weltweit existieren andere Profile für die Gesundheitsberufe als in der Schweiz. So haben die meisten Fachkräfte aus dem Ausland eine Hochschulausbildung, die auf medizinnahe Tätigkeiten aus-gerichtet ist. Der Beruf des Altenpflegers existiert in den meisten Ländern nicht.

Das Verständnis von Pflege ist kulturell geprägt, genauso die Auffassung davon, welche Tätigkeiten zum Pflegeberuf gehören und wie die Rolle der Pflegenden ist. Grundpflegerische Tätigkeiten obliegen in anderen Ländern Pflegehelfern oder Angehörigen. Wer mit solchen Vorstellungen hierher kommt, der fühlt sich im Berufsalltag schnell degradiert“, verdeutlicht Claudia Sack. Auch die Art und Weise, wie Angehörige in den Pflegealltag eingebunden werden, unterscheidet sich. „In Südeuropa ist es selbstverständlich, dass Angehörige bestimmte Aufgaben übernehmen. Hier würden Angehörige sich wundern, wenn das Pflegepersonal sie auffordert, dem Patienten seine Medikamente zu geben.“

Notwendig: Einarbeitungskonzepte und interkulturelle Erfahrung

Unterschiedliche Berufsauffassungen, sprachliche Hürden – von diesen Erfahrungen berichtet Professor Dr. Beate Blättner, eine Leiterin des osthessischen Kooperationsprojekts „Integration internationaler Pflegekräfte“. An dem Projekt sind neben der Hochschule Fulda das Klinikum Fulda, das Herz-Jesu-Krankenhaus Fulda, die Arbeiterwohlfahrt Nordhessen und der Caritasverband für die Diözese Fulda beteiligt. „Erschwerend für die Integration ist der permanente Personalmangel. Die Menschen in den Gesundheitsberufen arbeiten auf den knapp besetzten Stationen schon am Limit. Jetzt sollen sie ohne ein entsprechendes Zeitkontingent auch noch jemanden einarbeiten, der sprachlich und fachlich ganz andere Voraussetzungen mitbringt“, beschreibt Beate Blättner die Situation. Das hessische Projekt, das noch bis 2022 läuft, erstellt zunächst eine Bedarfsanalyse, um dann Lösungen zu entwickeln. „Für die Einarbeitung sollte man Personal freistellen. Ferner benötigt man Einarbeitungskonzepte. Die anleitende Person sollte interkulturelle Trainings bekommen. Ganz wichtig ist es, den Eindruck zu ver-meiden ‚die Neuankömmlinge werden bevorzugt‘. Gegenseitiges Verständnis ist nötig“, so Beate Blättner.

Quelle: Pflegeperspektiven